Nährwertkennzeichnung: Ampelfarben oder Batterie?

Der so genannte Nutri-Score bewertet die Ausgewogenheit eines Lebensmittels anhand einer farbigen Skala von grün (A) bis rot (E). In Frankreich und Belgien wird der Nutri-Score bereits verwendet, in Deutschland ab Herbst 2020. Italien möchte einen eigenen Weg gehen. Die Verbraucherzentrale stellt die beiden Modelle vor.

Der Nutri-Score (sinngemäß: Ernährungs-Punktezahl) berechnet den Nährwert eines Lebensmittels zusammenfassend und bewertet diesen anhand einer fünfstufigen Farbskala von grün (A) bis rot (E). In die Berechnung fließen der Energiegehalt des Produkts und die wichtigsten Nährstoffe mit ein, bezogen auf 100 Gramm des Produkts. Während ein hoher Gehalt an Energie, Zucker, Fett, gesättigten Fettsäuren und Salz „Maluspunkte“ bringt, wird ein hoher Gehalt an Proteinen und Ballaststoffen sowie ein hoher Anteil an Gemüse, Obst und Nüssen mit „Bonuspunkten“ belohnt. Vitamine, Mineralstoffe und ungesättigte Fettsäuren bleiben unberücksichtigt. Je nach der errechneten Gesamtpunktezahl erhält man als Ergebnis einen von fünf farbig hinterlegten Buchstaben (A/dunkelgrün, B/hellgrün, C/gelb, D/orange, E/rot). Dabei stehen A/dunkelgrün und B/hellgrün für Produkte, die in der Gesamtsicht mehr günstige Nährstoffe enthalten, D/orange und E/rot für Produkte, die mehr ungünstige Nährstoffe enthalten. Dank dieser Nährwertkennzeichnung werden verschiedene Lebensmittel einer Kategorie miteinander vergleichbar: eine Müslimischung mit A/dunkelgrün hat ein besseres Nährwertprofil als eine mit C/gelb oder eine andere mit D/orange. Verbrauchern und Verbraucherinnen wird dadurch die gesundheitlich bessere Wahl erleichtert.

 

Nährwertkennzeichnung Nutri-Score

Nutri-Score

Ein Modell für ganz Europa?
Der Nutri-Score ist in Frankreich und Belgien bereits in Verwendung und findet sich dort gut sichtbar auf der Vorderseite von verpackten Lebensmitteln. Die Verwendung ist für die Hersteller freiwillig. In Deutschland wird der Nutri-Score im Herbst 2020 ebenfalls auf freiwilliger Basis eingeführt. Eine repräsentative Verbraucherumfrage zeigte dort, dass der Nutri-Score im Vergleich zu drei anderen Kennzeichnungsmodellen schneller erfassbar, leichter verständlich und hilfreich für den Vergleich mit anderen Produkten ist, nicht zuletzt dank der Ampelfarben. Auch in Spanien, Portugal, den Niederlanden und der Schweiz steht eine Einführung bevor oder wird diskutiert. Anders in Italien, wo die Lebensmittelindustrie und andere Institutionen eine regelrechte Kampagne gegen den Nutri-Score führen: dieser sei eine Bedrohung für Lebensmittel „made in Italy“ wie Parmesankäse oder Parmaschinken, welche eine schlechte Bewertung erhalten würden.

Italien setzt auf die Batterie-Kennzeichnung
Daher wird demnächst italienweit ein anderes, „Nutrinform Battery“ genanntes Modell der Nährwertkennzeichnung auf freiwilliger Basis eingeführt. Dieses veranschaulicht anhand des Batteriesymbols, wie hoch der Gehalt an Energie, Fett, gesättigten Fettsäuren, Zucker und Salz in einer Portion des jeweiligen Produkts ist und vergleicht die Werte mit den täglichen Referenzmengen für eine durchschnittliche erwachsene Person. Als Referenzmenge gilt entweder die empfohlene Tageszufuhr oder diejenige Menge eines Nährstoffs, die pro Tag nicht überschritten werden sollte.

 

Nährwertkennzeichnung Nutri-Score

Nutrinform Battery

Die Verbraucherzentrale Südtirol sieht die Einführung der Nährwertkennzeichnung Nutrinform Battery in Italien kritisch. „Der Gehalt eines Produkts an Energie, Fett, gesättigten Fettsäuren, Zucker und Salz muss bereits seit Jahren verpflichtend in der Nährwerttabelle angegeben werden“, erklärt Silke Raffeiner, die Ernährungsexpertin der VZS. „Die Batterie-Kennzeichnung bietet demgegenüber keinerlei Mehrwert und ist damit überflüssig. Die Angabe der Gehalte pro Portion erschwert einen Vergleich mit anderen Produkten massiv, da jeder Hersteller die Portionsgröße willkürlich wählen kann. Noch dazu ist das Symbol der Batterie völlig unpassend, im schlimmsten Fall sogar irreführend: eine vollgeladene Batterie wird nämlich positiv assoziiert, während für gesättigte Fettsäuren, Zucker und Salz in einem Lebensmittel gilt: je „leerer“, desto besser.“ Aus Sicht der Ernährungsfachfrau ist der Nutri-Score aussagekräftiger und leichter verständlich als die italienische Nährwert-Batterie und bietet den Verbrauchern und Verbraucherinnen somit eine viel bessere Orientierung sowie die Möglichkeit des Produktvergleichs.

Verbraucherverbände fordern eine verpflichtende Nährwertkennzeichnung
Zahlreiche Verbraucherschutzorganisationen setzen sich für den Nutri-Score als EU-weit einheitliche, verpflichtende Nährwertkennzeichnung auf allen verpackten Lebensmitteln ein. Verbraucher und Verbraucherinnen hätten dann die Möglichkeit, verschiedene Lebensmittel innerhalb einer Produktkategorie miteinander zu vergleichen und sich für die Produkte mit dem besseren Nährwertprofil zu entscheiden. Damit könnte der Nutri-Score dazu beitragen, eine ausgewogene Ernährung zu fördern und Fehlernährung sowie Übergewicht vorzubeugen. Außerdem, so die Hoffnung, würden die Produzenten dadurch angeregt, die Rezepturen für ihre Produkte zu überarbeiten, um einen besseren Nutri-Score zu erhalten.
Werden Konsumenten und Konsumentinnen in Zukunft ausschließlich Lebensmittel kaufen, die mit A/dunkelgrün oder B/hellgrün bewertet wurden? Vermutlich nicht. Schließlich ist schon jetzt hinlänglich bekannt, dass fett- und zuckerreiche sowie sehr salzhaltige Produkte nicht in rauen, sondern eher in kleinen Mengen verzehrt werden sollten. Im Rahmen einer vollwertigen und abwechslungsreichen Ernährung werden weniger ausgewogene Produkte mit E/rot oder D/orange auch zukünftig Platz haben – in Maßen. Was auch für Parmesankäse und Parmaschinken gilt. „Nutella“ und „Coca-Cola“ würden laut Berechnungen der Verbraucherzentrale Hamburg übrigens beide die Bewertung E/rot erhalten.

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