Phytoöstrogene zählen zu den sekundären Pflanzenstoffen und kommen auschließlich in Pflanzen vor (griechisch phytón = Pflanze). Ihr Name ist Programm: Phytoöstrogene haben eine Ähnlichkeit zum wirksamsten natürlichen Östrogen, dem Östradiol. Sie können an die Östrogenrezeptoren im menschlichen Körper binden. Bei Östrogenmangel unterstützen sie die Wirkung der Östrogene. In Gegenwart von großen Östrogenmengen wirken sie dagegen antiöstrogen. Ihre Wirkung ist zwar 100 bis 10.000 Mal geringer als jene des Östradiols, aber trotzdem relevant, da ihre Konzentration im Körper jene der Östrogene deutlich übersteigt. Phytoöstrogene wirken zudem antioxidativ und beugen möglicherweise Herz-Kreislauf-Erkrankungen, Osteoporose und bestimmten Krebserkrankungen vor.
Isoflavone und Lignane sind die bedeutendsten Gruppen der Phytoöstrogene. „Isoflavone kommen in Sojabohnen und daraus hergestellten Produkten wie Sojamehl, Miso und Tofu vor. Andere Bohnenarten und Erbsen enthalten geringere Mengen an Isoflavonen“, weiß Silke Raffeiner, die Ernährungsexpertin der Verbraucherzentrale Südtirol. „Leinsamen und Kürbiskerne sind besonders reich an Lignanen. Weitere Quellen sind Sonnenblumenkerne, Oliven, Erdbeeren, Cranberries, Broccoli, Nüsse und Getreideprodukte.“ Phytoöstrogene aus der Nahrung werden zunächst im Darm verstoffwechselt, erst dann sind sie für den menschlichen Körper nutzbar. Eine intakte Darmflora verbessert ihre Aufnahme aus dem Darm.
Die gesundheitlichen Wirkungen von Phytoöstrogenen sind noch nicht vollständig erforscht, bisherige Studienergebnisse sind uneinheitlich. In Japan und China, wo traditionell viele Sojaprodukte verzehrt werden, treten Herz-Kreislauf-Erkrankungen, östrogenabhängige Krebsarten, Osteoporose und Beschwerden in den Wechseljahren im Vergleich zu westlichen Ländern offenbar seltener auf. Vermutlich können Phytoöstrogene die Entwicklung einer Osteoporose bremsen, das Erkrankungsrisiko für Brust-, Gebärmutter- oder Prostatakrebs senken und die Blutfettwerte, insbesondere Cholesterin, positiv beeinflussen. Eindeutige wissenschaftliche Belege für diese Wirkungen beim Menschen sind aber noch ausständig.
Nahrungsergänzungsmittel mit Isoflavonen aus Soja oder Rotklee sollen die Häufigkeit von Hitzewallungen in den Wechseljahren verringern und werden als Alternative zur herkömmlichen Hormonersatztherapie diskutiert. Nach der aktuellen Studienlage sind solche Präparate jedoch kein wirksamer Ersatz für eine Hormontherapie.
Generell wird empfohlen, Phytoöstrogene auf natürlichem Wege über pflanzliche Nahrungsmittel aufzunehmen. Die Einnahme von Nahrungsergänzungsmitteln (Kapseln, Tabletten o.ä.) mit isolierten oder angereicherten Phytoöstrogenen sollte nur nach Rücksprache mit einem Arzt oder einer Ärztin erfolgen, da gesundheitliche Risiken nicht ausgeschlossen werden können.