Genuss mit bitterem Beigeschmack?
Unsere Ernährungsgewohnheiten ändern sich sehr schnell, von einer ehemals regionalen Versorgung hat die Mode des Fischessens Produkte aus aller Welt auf unseren Tisch gebracht. Mit dem Verzehr von Fisch im allgemeinen und speziell bei Garnelen sind aber nicht nur Vorteile wie eine wertvolle Eiweißversorgung bei geringem Fettgehalt verbunden, sondern leider auch einige Nachteile, die den Konsumenten verunsichern.
Drei Problemkreise trüben den genussvollen Fisch- und Shrimpverzehr. Speziell die fehlende Rückverfolgbarkeit des Produktes (Herkunft) stößt sauer auf.
- Die Fangmethoden mit großen Mengen an Beifang
- Die ökologischen und sozialen Auswirkungen
- Die Belastung der auf den Markt gebrachten Ware mit Rückständen verschiedenster Herkunft, mit Bakterien und Keimen
Rücksichtlose Shrimpfangmethoden
Die Fangmengen sind weltweit rückläufig, trotz des immer massiveren Einsatzes von Fischflotten, die mit sog Schleppnetzen den Meeresboden umwühlen. Die Folgen dieser Zerstörungen am Meeresboden sind im ersten Moment kaum sichtbar. Die Zerstörung von ökologisch wichtigen Lebensräumen (wichtig für die Nachzucht von Fischen, Mollusken, Reptilien, Crustaceaen, Krebsen, aber auch anderer Organismen wie Korallen und Unterwasserpflanzen), machen sich erst später bemerkbar.
Der enorme Beifang von Fischen, Schildkröten, Pflanzen und Muscheln, (int. Durchschnitt 5,2 kg), wird in der Shrimpfischerei nicht genutzt. Internationale Vereinbarungen zum Einsatz von Netzen, die dem Beifang eine Fluchtchance bieten, werden von vielen Fischern nur als Marktverzerrung empfunden.
Die Konkurrenz zwischen lokalen Fischern (traditionelle Fischerei) und großen Fischtrawlern führt zu Konflikten. Die ortsansässigen Fischer sind mit Recht um ihre Fischgründe besorgt, sie nutzen auch den Beifang und räumen nicht großflächig ab. Mit ihren kleineren Netzen sind sie den Shrimptrawlern unterlegen, da sie nicht in größeren Tiefen (ältere und daher größere Shrimps) fischen können und sie erzielen auf dem Markt mit ihren kleineren Shrimps geringere Preise.
Ist die Shrimpzucht (Aquakultur) die Lösung?
Die Zucht von Fischen, Crustaceaen und Wasserpflanzen, als „Aquakultur“ bezeichnet, hat sich in Form der sogenannten „blauen Revolution“ weltweit etabliert. Mit dieser Form der Nahrungsmittelproduktion will man die rückgängigen Erträge der Fischerei einerseits und die zunehmende Nachfrage nach Fischereiprodukten andererseits kompensieren.
Die ökologischen Probleme, die daraus entstehen, sind besorgnisseregend. Für die Zerstörung der Mangrovenwälder, Kinderstube vieler Arten und wichtiges Biotop für die Sicherung der Küste (Erosionsschutz) ist hauptsächlich die Anlage der Aquakulturteiche verantwortlich.
Die Aquakultur, an sich eine alte Technik in den Reisfeldern, ist durch die Intensivierung (Einsatz von verschiedenen Chemikalien und Kunstdüngern, Versalzung der umliegenden Böden) zu einem großen Verursacher von Umweltschäden geworden. Die Teiche werden teilweise im Land angelegt. Um die Gesundheit der Tiere aufrecht zu halten, muss täglich 1/3 des Wassers ausgetauscht werden (50% Meerwasser und 50% Trinkwasser). Haben die Shrimps marktfähige Größe erreicht, werden die Teiche leergepumpt (Versalzung des Bodens). Nach mehreren Ernten ist die Bodenschicht des Teiches dermaßen mit organischen Ausscheidungen der Schrimps und Chemikalien belastet, dass den Betrieben nur mehr die Auflassung und Neuanlage der Teiche an einem anderen Ort bleibt. Zurück bleiben zerstörte Mangrovenwälder, versalzene und mit Chemikalien belastete Böden, deren Sanierung sehr teuer ist.
Dass auf diesem Hintergrund soziale Probleme entstehen, ist nur logisch. Die Konkurrenz um den Boden, das Trinkwasser und um den Zugang zu den Mangrovenwäldern (Privatisierung von Landstrichen, die vorher gemeinsamer Landnutzung zugänglich waren) sorgt für sozialen Zündstoff. Die intensive Aquakultur benötigt zwar viel Boden und Wasser, aber relativ wenig Arbeitskräfte, was die Auswirkungen dieser „Landnahme“ auf die Bevölkerung noch verstärkt.
Wie ist es um Produktqualität und Hygiene bestellt?
Die Rückverfolgbarkeit von Fischereiprodukten ist leider noch nicht gegeben und beruht zur Zeit auf Vertrauen. Das trifft auch auf die Händler zu, die den Großhändlern vertrauen müssen, und auf die Großhändler, die den Fischern vertrauen müssen. Eine transparente und zufriedenstellende Zertifizierung der Produkte der internationalen Fischproduktion (Zuchtmethoden, Fangmethoden und Konservierung) ist erstrebenswert.
Die Lebensmittelkontrollen auf dem Fischereisektor beschränken sich meist auf die Geruchs- und Geschmackskontrolle (verdorbener Fisch). Schwermetalle, Pestizide und Antibiotika werden nur stichprobenartig - auf Verdacht oder auf Anfrage eines Händlers - durchgeführt. Die zuständigen Ämter leiden EU-weit unter Personalmangel und können somit keine zufriedenstellende Kontrolle garantieren.
Privat in Auftrag gegebene Untersuchungen haben verschiedene in der EU verbotene und für den Menschen bedenkliche bis giftige Substanzen nachgewiesen (Beispiel Chloramphenicol - für Mensch gefährlich und in der EU nicht zugelassen - in Kings Prawn Shrimp).
Untersuchungen haben eine bedenkliche Belastung mit Mikrorganismen (Bakterien und Hefen) - sei es bei Frischware als auch bei verpackter Ware - ergeben. Dass kann zu Übelkeit, Erbrechen, Durchfall und Fieber führen und deutet auf eine Lebensmittelvergiftung hin.
Was kann der Verbraucher tun?
Leider im Moment nicht allzuviel: Er kann sich zwar bei seinem Fischhändler über Herkunft, Fangmethoden und Produktionsmethoden informieren, ob die erhaltene Auskunft verlässlich ist und beruhigen kann, ist allerdings fraglich.
Solange die Regierungen und die Industrie nichts unternehmen, um die Produktionsbedingungen ökologisch und sozial verträglich zu gestalten, ist der Luxus des Verzehrs von tropisch erzeugten Garnelen unverantwortlich. Daher rufen viele NGO’s (Nicht-Regierungs-Organisationen) zum Boykott auf: Verzicht auf den Konsum von Shrimps (speziell aus tropischen Gebieten), solange es keine nachhaltigen Alternativen zur zerstörerischen Zucht gibt (Ratschlag von Greenpeace).
Es gibt Pilotprojekte, die eine nachhaltige Produktionsmethode ermöglichen. Produkte, die aus solchen Farmen kommen, sind zur Zeit nur schwer erhältlich (bisher nur auf größeren Märkten).