Kontokorrent-Beobachtungsstelle 2016
Kontokorrent-Vergleich zeigt: Kosteneinsparungen bis zu 300 Euro möglich
VZS: schwierige Auswahl im Kostendschungel
Nur ein effektiver Vergleichsrechner könnte die Konkurrenz ankurbeln
Im August haben die BeraterInnen der VZS die Kosten für Kontokorrente verglichen. Um die Kosten für 4 Nutzerprofile und insgesamt 38 Konten zu vergleichen, waren in etwa 40 Arbeitsstunden notwendig – ein unzumutbarer Zeitaufwand für eine Familie, finden die Verbraucherschützer. Dabei gäbe es gesetzliche vorgesehene Instrumente, die genau diesen Vergleich erleichtern sollten: die Musterprofil-Kosten sowie den offiziellen Rechner. Schade nur, dass keine Aufsichtsbehörde über Richtigkeit der Musterberechnungen wacht, und der Rechner die Ergebnisse nicht nach Günstigkeit, sondern nach Alphabet (!) sortiert. Hier ist dringend Abhilfe notwendig.
Die Schwierigkeiten beginnen schon beim Durchforsten der Webseiten der einzelnen Banken: die beworbenen Konten sind ganz selten die günstigsten, und bei manchen Banken müsste man bis zu 11 Konten vergleichen, wobei die einzelnen Informationsprospekte bis zu 68 Seiten lang sind. Was den Vergleich weiter erschwert sind die unterschiedlichen Preisstrategien der Banken. Es gibt Konten mit Fixgebühr, die einige Bewegungen oder fast alle Bewegungen enthalten, und solche ohne Fixgebühr, die man sozusagen „nach Verbrauch“ bezahlt.
Da die Muster-Kostenberechnungen (ISC – indicatore sintetico di costo) in den Informationsblättern leider oft wenig Bezug zu den tatsächlichen Kosten haben, haben wir 4 eigene Musterprofile erarbeitet, und für diese die Kosten berechnet:
Familie „Online“: Sie tätigt Bankoperationen von zu Hause aus und benützt nie den Schalter, hat zudem eine Kreditkarte. Dazu kommen 6 Daueraufträge mit je 6 Zahlungen, 30 Überweisungen per Online-Banking (10 Überweisungen an Kunden der gleichen Bank, 20 Überweisungen an Kunden anderer Banken), 50 Bankomat-Behebungen (40 bei den Automaten der Bank, 10 bei fremden Instituten) sowie 100 POS (Zahlungen mit Karte in Geschäften).
Familie „Schalter“: Sie benützt den Schalter für ihre Bankoperationen, hat keine Kreditkarte. Dazu kommen 6 Daueraufträge mit je 6 Zahlungen, 30 Überweisungen am Schalter (10 Überweisungen an Kunden der gleichen Bank, 20 Überweisungen an Kunden anderer Banken), 50 Bankomat-Behebungen (40 bei den Automaten der Bank, 10 bei fremden Instituten) sowie 100 POS (Zahlungen mit Karte in Geschäften).
Pensionist: Benützt, falls vorhanden, das vom Gesetz vorgesehene Basiskonto (Pensionseinkünfte unter € 18.000). Als Berechnungsgrundlage wurden die Kosten von 6 Daueraufträgen zu je 6 Zahlungen, 30 Überweisungen am Schalter (10 Überweisungen an Kunden der gleichen Bank, 20 Überweisungen an Kunden anderer Banken), 50 Abhebungen mit Bancomat (40 Abhebungen bei den Automaten der Bank, 10 bei fremden Instituten) sowie 100 POS (Zahlungen mit Karte in Geschäften) herangezogen.
Junior: Diese Person (unter 30 Jahre) tätigt Bankoperationen per Online-Banking und hat zudem eine Kreditkarte. Als Berechnungsgrundlage wurden die Kosten vom 30 Überweisungen per Homebanking (10 Überweisungen an Kunden der gleichen Bank, 20 Überweisungen an Kunden anderer Banken), 50 Abhebungen mit Bancomat (40 Abhebungen bei den Automaten der Bank, 10 bei fremden Instituten) sowie 100 POS (Zahlungen mit Karte in Geschäften) herangezogen.
Auffallend sind die großen Unterschiede der von uns ermittelten Kosten im Vergleich zu den von der Bank im ähnlichsten Musterprofil angegebenen Kosten: da leider meist nur das Ergebnis und nicht die Berechnung offengelegt wird, ist der Grund nicht nachvollziehbar. Ebenso bleibt es rätselhaft, wie eine Bank bei der Kostenberechnung eines Online-Kontos angeben kann „für Onlinenutzung nicht geeignet“.
Die Ergebnisse des Vergleichs
Die gute Nachricht voraus: wer ein Online-Konto wählt, kann mit einem Streich die Kosten auf Null stellen. Schwieriger wird es, wenn man auch Schalter-Dienste in Anspruch nehmen möchte, da hier auch scheinbar günstige Konten bei „falscher“ Verwendung ziemlich teuer werden könnten. Bei einem Pensions-Konto ist z.B. die Jahresgebühr vom Saldo abhängig: rutscht dieser unter 4.000 Euro, wird die Gebühr fällig.
Die „Testsieger“ aus unserem Vergleich waren für die Online-Familie das Contocorrente Arancio (0 €), für die Schalter-Familie das Gehaltskonto der Raiffeisenkasse Ritten (51,60 €), für Pensionisten die Basiskontos von Raiffeisen Landesbank und Raiffeisenkasse Bozen (je 0 €) und für Jugendliche ebenfalls das Contocorrente Arancio (0 €).
Geheimsache Basiskonten
Nach wie vor sind die kostenlosen Kontokorrente für RentnerInnen ein leidiges Thema. Ganz wenige Banken bewerben aktiv das Basiskonto, vielfach muss man es zwischen verschiedenen Konten erst „heraussuchen“, und manchmal entpuppt sich das als „Pensionskonto“ angepriesene Konto bei genauerer Durchsicht als ganz normales Konto, mit den selben Konditionen eines Gehaltskontos.
Fazit
Aus Sicht der VZS herrscht hier großer Nachholbedarf. Das Kontokorrent ist eine wesentliche Dienstleistung für VerbraucherInnen im 21. Jahrhundert, und es kann nicht sein, dass dieser Markt so undurchsichtig bleiben darf. Banca d'Italia und Gesetzgeber sind gefordert: die erste muss die Korrektheit der Musterberechnungen strikt überwachen und Zuwiderhandeln abstrafen, der zweite muss einen funktionierenden, einfach handzuhabenden Vergleichsrechner mit für die Banken verpflichtenden Angeboten (ähnlich dem Preventivatore Unico für Kfz-Haftpflichtversicherungen) ins Leben rufen.
Die Berater für Finanzdienstleistungen in der VZS raten allen BankkundInnen, ihre jährlichen Kontokosten mittels der entsprechenden Bankmitteilungen genau im Auge zu behalten, diese jedes Jahr zu verhandeln und bei mangelnder Verhandlungsbereitschaft vor einem Wechsel nicht zurückzuschrecken. Dieser Wechsel von einer zur einer anderen Bank darf höchstens 12 Tage dauern, und keine Kosten für die VerbraucherInnen verursachen.
Hier die Tabellen mit den Details des Vergleichs (im PDF-Format): die Kostenübersicht für die 4 Musterprofile sowie die Details der einzelnen Konten.