Wer in Südtirol ein Wohngebäude saniert, muss sich an eine Reihe von verschiedenen Auflagen halten.
Am 21. März 2025 sind die neuen Mindestanforderungen laut Dekret des Landeshauptmannes vom 18. März 2025, Nr. 6, in Kraft getreten. Die Mindestanforderungen betreffen die Gesamtenergieeffizienz von Gebäuden, die einer größeren Renovierung unterzogen werden, sowie den Austausch oder die Erneuerung von gebäudetechnischen Systemen oder Bauteilen. Die Mindestanforderungen beziehen sich auf die Eigenschaften und Energieeffizienz der Gebäudehülle, auf die Gesamtenergieeffizienz und auf die Verwendung erneuerbarer Energien.
Von der Verpflichtung zur Einhaltung der Mindestanforderungen ausgenommen sind Gebäude unter Denkmalschutz und Ensembleschutz, wenn die Einhaltung der Vorschriften eine mit ihrer architektonischen oder kunsthistorischen Eigenart unvereinbare Veränderung darstellen würde. Darüber hinaus bestehen weitere Ausnahmen, in denen die Einhaltung der Mindestanforderungen nicht verpflichtend ist. Nähere Einzelheiten sind im Dekret des Landeshauptmannes vom 18. März 2025, Nr. 6 im Artikel 4, Absatz 2 enthalten.
Die Daten zur Erfüllung der Mindestanforderungen müssen im Energieausweis korrekt wiedergegeben sein.
Als "größeren Renovierung" wird die Renovierung eines Gebäudes bezeichnet, bei welcher mehr als 25% der Gebäudehülle (ohne Fensterflächen) einer Erneuerung unterzogen werden, durch welche deren Beschaffenheit wesentlich verändert wird oderi der eine Erweiterung der Nutzfläche um mehr als 25% erfolgt.
Mindestanforderungen im Überblick
Beim Austausch oder der Erneuerung maßgeblicher Komponenten der gebäudetechnischen Systeme müssen Produkte verwendet werden, die dem neuesten Stand der Technik entsprechen und die Gesamtenergieeffizienz des Gebäudes nicht verschlechtern.
Zudem muss beim Austausch des Wärme- oder Kälteerzeugers mindestens eine der folgenden Anforderungen erfüllt werden:
a) Der Gesamtprimärenergiebedarf wird zu mindestens 30% durch erneuerbare Energiequellen abgedeckt.
b) Der Primärenergiebedarf der betroffenen Anlage wird um mindestens 25% reduziert.
c) Das Gebäude deckt den thermischen Bedarf für Heizung und Warmwasser durch eine elektrisch betriebene Wärmepumpe oder durch effiziente Fernwärme ab - eventuell auch in Kombination mit anderen erneuerbaren Energiequellen.
Wenn die Heiz- oder Kühlanlage wegen eines Defekts unerwartet ausgetauscht werden muss, darf vorübergehend auch eine Anlage installiert werden, die nicht den Mindestanforderungen entspricht. Innerhalb von 18 Monaten muss sie jedoch durch eine Anlage ersetzt werden, die alle Anforderungen erfüllt.
Anforderungen an die Gebäudesysteme
Sofern technisch und wirtschaftlich realisierbar, muss im Zuge eines Austauschs des Wärme- oder Kälteerzeugers das bestehende Gebäude mit selbstregulierenden Einrichtungen zur separaten Regelung der Temperatur in jedem Raum oder in einem bestimmten beheizten oder gekühlten Bereich des Gebäudeteils ausgestattet sein.
Mehrfamiliengebäuden, die einer größeren Renovierung unterzogen werden, müssen ab 29. Mai 2026 mit folgenden Systemen ausgestattet werden:
a) Ein System zur kontinuierlichen elektronischen Überwachung und Messung des Wärmeverbrauches, welches den Eigentümer bzw. die Verwaltung informiert, wenn sich der Verbrauch stark verändert oder eine Wartung nötig ist.
b) Effiziente Steuerungsfunktionen, die dafür sorgen, dass Energie optimal erzeugt, verteilt, gespeichert und genutzt wird.
c) Ein System mit der Fähigkeit, auf externe Signale zu reagieren, um den Energieverbrauch flexibel anpassen zu können.
Achtung: für Nichtwohngebäude gelten andere Bestimmungen.
Die Anforderungen in Bezug auf Temperaturregelungen und die Ausstattung der Mehrfamiliengebäude mit diversen technischen Systemen, müssen nicht eingehalten werden, wenn die in einem technisch-wirtschaftlichen Bericht dargelegte Kosten- Nutzen-Analyse negativ ausfällt.
Sanierung von Bauteilen
Bauteile, die bei gänzlicher oder teilweiser Renovierung, bei außerordentlicher Instandhaltung der Gebäudehülle und bei der Erweiterung von bestehenden Gebäuden von einem Eingriff betroffen sind, müssen die Grenzwerte für Wärmedurchgangskoeffizienten (U-Werte) und den sommerlichen Wärmeschutz erfüllen.
Es gelten laut Dekret folgende Mindestanforderungen:
Maximaler Wärmedurchgangkoeffizient (U-Wert) in W/m²K für Gebäude in der Klimazone E
vertikale opake Bauteile nach Außen (Außenwände): 0,28
horizontale opake Bodenkonstruktionen: 0,29
horizontale opake Dachkonstruktionen: 0,24
Fenster und Türen sowie transparente Fassaden: 1,4 (Grenzwert bezieht sich auf ein zweiflügliges Standardfenster von 1230 x 1480 mm)
Maximaler Wärmedurchgangkoeffizient (U-Wert) in W/m²K für Gebäude in der Klimazone F
vertikale opake Bauteile nach Außen (Außenwände): 0,26
horizontale opake Bodenkonstruktionen: 0,28
horizontale opake Dachkonstruktionen: 0,22
Fenster, Türen und transparente Fassaden: 1,0 (Grenzwert für Fenster bezieht sich auf ein zweiflügliges Standardfenster von 12333 x 1480 mm)
Ausnahmeregelungen:
- Renovierungen an der Gebäudehülle, die nur unwesentliche Innen- oder Außenverkleidungen (z. B. Anstriche) oder weniger als 10 % der gesamten Putzfläche betreffen, sind von den Mindestanforderungen hinsichtlich der U-Werte ausgenommen.
- Bei der Sanierung bestehender Außenwände darf der U-Wert um 30 % erhöht werden, wenn eine Innen- oder Kerndämmung angebracht wird – unabhängig von der betroffenen Fläche.
- Wird bei Arbeiten an der Heizungsanlage eine Schicht eines Bauteiles (z. B. des Fußbodens) erneuert, das für das Heizsystem notwendig ist, müssen die U-Werte des betroffenen Bauteils nicht eingehalten werden.
Der U-Wert: gibt Auskunft über die Wärmeverluste der einzelnen Bauteile und wird rechnerisch anhand der verwendeten Materialien ermittelt. Je kleiner der Wert, desto besser, also desto geringer die Energieverluste.
Die Klimazonen der Südtiroler Gemeinden sind Dekret des Landeshauptmannes vom 18. März 2025, Nr. 6 in der Anlage 4 enthalten.
Grenzwerte für den sommerlichen Wärmeschutz
Für opake Bauteile gilt:
Klimazone E: Nachweis der Phasenverschiebung von mind. 9 Stunden – Türen sind von dieser Regelung ausgenommen
Klimazone F: keine Anforderungen
Für transparente Bauteile gilt:
Sofern das transparente Bauteil über keine externe bewegliche Beschattung verfügt, muss in beiden Klimazonen (E und F) der Grenzwert des gesamten solaren Transmissionsfaktors ggl+sh für verglaste Bauteile mit Ausrichtung von Ost nach West über Süd von 0,22 eingehalten werden.
Infrastrukturen für Elektromobilität
Werden Wohngebäude umfassend renoviert und verfügen über mehr als drei Autostellplätze, muss bei mindestens 50 % dieser Stellplätze eine Vorverkabelung durchgeführt werden.
Für die restlichen Stellplätze ist eine Leitungsinfrastruktur (z. B. Schutzrohre für Elektrokabel) vorzusehen, damit später Ladepunkte für Elektroautos oder E-Fahrräder eingerichtet werden können. Zusätzlich müssen pro Wohneinheit mindestens zwei Fahrradabstellplätze in Klimazone E und mindestens ein Abstellplatz in Klimazone F errichtet werden.
Diese Vorgaben gelten nur, wenn:
- sich die Parkplätze im Gebäude befinden und die Renovierung auch die Parkflächen oder die Elektroinstallationen des Gebäudes betrifft,
oder
- die Parkplätze direkt an das Gebäude angrenzen und die Renovierung auch diese Flächen oder deren Elektroinfrastruktur einschließt.
Die Vorgaben müssen nicht angewandt werden, wenn:
- die Kosten für die Lade- und Leitungsinstallationen mehr als 10 % der Gesamtkosten der Renovierung betragen,
oder
- die erforderliche Leitungsinfrastruktur an ein isoliertes Kleinstnetz gebunden wäre und die Umsetzung erhebliche Probleme für das lokale Energiesystem verursachen oder die Netzstabilität gefährden würde. Diese Ausnahmesituation muss durch einen technisch-wirtschaftlichen Bericht eines qualifizierten Technikers oder einer qualifizierten Technikerin nachgewiesen werden.
Austellung des KlimaHaus Ausweises
Für Gebäude die einer größeren Renovierung (für Ausnahmen siehe Art. 4, Abs. 2 de DLH vom 18. März 2025 Nr. 6) unterzogen werden ist ein KlimaHaus-Ausweis zu erstellen. Der KlimaHaus-Ausweis wird von der Agentur für Energie Südtirol – KlimaHaus ausgestellt und muss der zuständigen Behörde vor Ausstellung der Benutzungsgenehmigung vorliegen.
Die erforderlichen Unterlagen müssen von Seiten des vom Bauherrn bzw. der Bauherrin beauftragten Techniker:in, vor Beginn der Arbeiten an die Agentur für Energie Südtirol – KlimaHaus übermittelt werden. Nach Mitteilung über den Abschluss der Arbeiten und die Vorlegung aller erforderlichen Unterlagen, stellt die Agentur innerhalb 60 Tagen den KlimaHaus-Ausweis aus.
Das Antragsformular um Zertifizierung kann nur von einem qualifizierten Techniker / Technikerin erstellt werden.
Der Klimahausausweis hat eine Gültigkeit von 10 Jahren ab Ausstellungsdatum und muss bei jedem Eingriff, der die Energieeffizienz wesentlich ändert, aktualisiert werden. Wurden keine Eingriffe vorgenommen, so kann der Eigentümer/die Eigentümerin oder der Verwalter/die Verwalterin nach Ablauf des KlimaHaus-Ausweises mit einer entsprechenden Eigeneklärung die Erneuerung des Ausweises beantragen.
Kosten
Die Kosten für die die Klimahausberechnung von Seiten des Technikers / der Technikerin und die Anpassung der Pläne (farbliche Differenzierung, Polylinien, Details), Detailberechnungen und der erforderlichen Fotodokumentation, fallen je nach Aufwand unterschiedliche Kosten an. Um die Kosten überschau bar zu halten, sollte vorab ein schriftliches Angebot eingeholt werden.
Zusätzlich werden von Seiten der Klimahaus Agentur Kosten für den KlimaHaus-Ausweis bzw. die Zertifizierung eingehoben. Die Preise orientieren sich nach Art der Sanierung und Größe des Gebäudes. Die gesamten Tarife sind auf der Webseite der KlimaHaus-Agentur zu finden.
Kubaturerweiterung im Rahmen einer energetischen Sanierung
Wird ein bestehendes Wohngebäude energetische saniert und erfüllt die gesetzlich vorgegebenen Voraussetzungen, so kann ein Energiebonus in Anspruch genommen werden.
Weitere Details dazu im Infoblatt „Energiebonus für Gebäudesanierung für Privatpersonen“.
Weitere Infos:
https://www.consumer.bz.it/de
www.klimahaus.it
www.provinz.bz.it