Leben mit Plastik

Der Plastik-Planet

Der österreichische Regisseur Werner Boote zeigt in seinem Dokumentarfilm „Plastic Planet“ aus dem Jahr 2009, wie allgegenwärtig Plastik in unserem Leben ist und welche gesundheitlichen und ökologischen Risiken mit der Verwendung von Kunststoffen verbunden sind. Tatsächlich sind Produkte aus Kunststoff in allen Lebensbereichen anzutreffen, ob es sich nun um Spielsachen, Verpackungen, Autoteile, Elektronikgeräte oder Kleidung aus synthetischen Fasern handelt. Viele Kunststoffartikel sind extrem kurzlebig – eine Plastiktüte wird im Durchschnitt nur 25 Minuten lang genutzt (!) – benötigen aber für ihren biologischen Abbau mehrere hundert Jahre, wenn sie unkontrolliert in der Landschaft oder den Gewässern landen. Als wäre das nicht schlimm genug, geben sie auch noch genauso lange schädliche Weichmacher und Co an die Umwelt ab.

 

Geheimnisvolle Rezepturen

Synthetische Kunststoffe werden aus Erdöl, Erdgas und Kohle gewonnen. Rohbenzin wird thermisch in verschiedene Kohlenwasserstoffverbindungen gespalten. Die so erhaltenen Spaltprodukte (Ethylen, Propylen, Butylen usw.) bilden durch chemische Reaktionen Polymere, also große Kettenmoleküle wie Polyethylen oder Polypropylen. Um spezielle Eigenschaften zu erreichen, werden den Polymeren Zusatzstoffe wie Weichmacher, Flammschutzmittel oder Antistatikmittel beigemischt. Viele dieser Chemikalien sind giftig und gesundheitsschädlich. Sie können mit der Zeit aus den Produkten entweichen oder herausgelöst werden und sowohl in den menschlichen Körper als auch in die Umwelt gelangen. Besonders problematisch sind hormonell wirksame Verbindungen (endokrine Disruptoren). Sie werden mit zahlreichen Erkrankungen und Störungen wie Unfruchtbarkeit, Missbildungen der Geschlechtsorgane, Krebserkrankungen, Allergien und Asthma in Verbindung gebracht. Häufige Zusätze in Kunststoffen sind Phthalate als Weichmacher und Bisphenol A (BPA), beide werden als hormonell wirksam eingestuft. Phthalate finden sich häufig in Produkten wie Kinderplanschbecken oder Gummistiefel, die möglichst lange elastisch bleiben sollen. Bisphenol A wird für die Herstellung von Polycarbonat verwendet.

Für Konsumenten und Konsumentinnen ist aber nicht nachvollziehbar, welche Zusätze ein Kunststoff enthält. Oft kennt nicht einmal die verarbeitende Industrie die genaue chemische Zusammensetzung des angelieferten Rohstoffs, denn die Firmengeheimnisse der Kunststoffindustrie werden gut gehütet.

 

Häufige Kunststoffe und ihre Kennzeichnung

Zwecks besserem Recycling werden verschiedene Materialien mit einem Recycling-Code gekennzeichnet. Der Code umfasst das Recyclingsymbol der drei Pfeile, eine Nummer und häufig auch noch eine Abkürzung zur Angabe des Materials.

 

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Polyethylen (PE) wird für Flaschen, Tüten, Folien, Tuben, Geschirr u.v.m. verwendet. LD steht für „low density“, also geringe Dichte. HD steht für „high density“, also hohe Dichte.

 

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Polypropylen (PP) wird für Lebensmittelverpackungen, Tüten, medizinische Geräte, Funktionstextilien u.v.m. verwendet.

 

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Polyvinylchlorid (PVC) wird als Hart-PVC für Abflussrohre, Fenster u.ä. verwendet, als Weich-PVC für Kinderspielzeug, Schläuche, LKW-Planen, Schlauchboote, Dichtungen, Bodenbeläge u.v.m.

 

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Polystyrol (PS) wird für Styropor, Folien, Verpackungen, Jogurtbecher, Einweggeschirr u.v.m. verwendet.

 

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Polyethylenterephthalat (PET) wird für Flaschen, Verpackungen für Lebensmittel und Kosmetika, Polyesterfasern u.v.m. verwendet.

 

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Andere Kunststoffe (O = „Other“) wie Polyurethane (PU), Polycarbonat (PC), Polyamid (PA), Acrylnitril-Butadien-Styrol (ABS) usw.

Polyurethane (PU) werden für Schaumstoffe (für Matratzen, Autositze, Küchenschwämme, Dämmstoffe...), Textilfasern (Elasthan) u.v.m. verwendet.

Polycarbonat (PC) wird für hitzebeständiges Geschirr, CD-Hüllen, Behälter zur Lebensmittelaufbewahrung u.v.m. verwendet.

Polyamid (PA, „Nylon“) wird für Textilfasern, Ballons, Segel, Fallschirme, Saiten für Instrumente, Angelschnur, Seile u.v.m. verwendet.

Acrylnitril-Butadien-Styrol (ABS) wird für Automobilteile, Elektronikteile, Spielzeug (z.B. Lego-Bausteine), Gehäuse für Computer und Elektrogeräte, Sportgeräte (Skier, Snowboard) u.v.m. verwendet.

 

Welche Kunststoffe sind problematisch?

Als problematisch gelten vor allem Polyvinylchlorid (PVC) und Polycarbonat (PC). Auch Polystyrol (PS), Polyurethane (PU) und Polyethylenterephthalat (PET) sind aber in mancher Hinsicht bedenklich.

PVC: Weich-PVC besteht zu bis zu 50 Prozent aus Weichmachern. Diese dampfen aus (Kunststoffgeruch!), werden abgerieben oder abgewaschen. Bei der Produktion von PVC werden krebserregende Substanzen freigesetzt, und bei der Verbrennung entstehen giftige Dioxine. Das Recycling wird durch eine Vielzahl an Zusatzstoffen erschwert.
PC: Polycarbonat wird mit Hilfe von Bisphenol A (BPA) hergestellt. BPA ist hormonell wirksam und wird aus dem Kunststoff freigesetzt.
PS: Bei der Herstellung von PS werden krebserregende Verbindungen verwendet bzw. freigesetzt. Das Recycling ist schwierig, die Verbrennung problematisch.
PU: Das Recycling von PU ist schwierig. Bei der Verbrennung entstehen zahlreiche giftige Chemikalien. Auf Deponien entstehen durch Zersetzung giftige Stoffe.
PET: PET-Flaschen geben mit der Zeit gesundheitsschädigende und hormonell wirksame Stoffe ab.

 

Bisphenol A (BPA)

Bisphenol A ist eine bedeutsame Industriechemikalie. Es wird hauptsächlich für die Herstellung von Polycarbonat und Epoxidharzen verwendet.
BPA ist hormonell wirksam und beeinflusst das Hormonsystem von Menschen und Tieren, da es sich im Körper an die Hormonrezeptoren bindet. BPA wirkt ähnlich wie das weibliche Hormon Östrogen. Dadurch wird die Wirkung der weiblichen Sexualhormone verstärkt und jene der männlichen Sexualhormone und der Schilddrüsenhormone geschwächt.
BPA ist schon fast überall in der Umwelt nachweisbar: in der Luft, im Staub, in Gewässern, im Meer, in Trinkwasser aus Kunststofftanks und auch im menschlichen Körper (in Urin, Blut, Fruchtwasser, Gebärmutter, Nabelschnurblut).
Vermutlich wird BPA hauptsächlich über Lebensmittel aufgenommen, welche über Lebensmittelverpackungen oder -behälter damit in Kontakt gekommen sind. Studien zufolge können bereits kleinste Mengen die Gesundheit gefährden und das menschliche Hormonsystem stören. Auch Erkrankungen wie Diabetes, Herz-Kreislauf-Erkrankungen und Verhaltensauffälligkeiten bei Kindern hängen vermutlich mit BPA zusammen.
Umweltschutzorganisationen wie GLOBAL 2000 fordern ein EU-weites Verbot von BPA. Bislang haben einzelne Mitgliedsstaaten das Vorkommen von BPA in bestimmten Produkten wie Lebensmittelverpackungen und Kinderprodukten (Schnuller u.ä.) verboten.

Detaillierte Informationen zu den Risiken der endokrinen Disruptoren sind auf der Internetseite des nationalen Umweltministeriums http://www.minambiente.it/pagina/il-decalogo verfügbar, eine Zusammenfassung auf der Internetseite der VZS www.verbraucherzentrale.it.

 

So vermeiden Sie schädliche Plastikprodukte:

  • Verzichten Sie grundsätzlich auf Produkte aus Polyvinylchlorid (PVC) und Polycarbonat (PC) sowie auf Produkte mit starkem Kunststoffgeruch.

  • Zu vielen PVC-Produkten gibt es umweltverträglichere Alternativen, z.B. Böden aus Linoleum anstelle von PVC-Böden; Duschvorhänge und Tischdecken aus PVC-freien Kunststoffen oder aus gewachster Baumwolle anstelle von solchen aus PVC.

  • Lebensmittel sollten nicht in Plastikgefäßen erhitzt werden, auch nicht in der Mikrowelle.

  • Bevorzugen Sie Leitungswasser und Getränke in der Mehrwegflasche. Verwenden Sie unterwegs eine Trinkflasche aus Glas oder Edelstahl. So werden PET-Flaschen obsolet.

  • Vorratsbehälter und Pausenboxen sind oft aus Polycarbonat (Recycling-Code 07, manchmal Kürzel PC). Ersetzen Sie diese durch Behälter aus Glas, z.B. durch gebrauchte Kompottgläser, und durch Pausenboxen aus Edelstahl. Achten Sie beim Kauf von Kunststoffbehältern auf die Angabe „BPA-free“. Alte, zerkratzte Gefäße sollten entsorgt werden.

  • Wer immer eine wieder verwendbare Einkaufstasche dabei hat, benötigt keine Einweg-Plastiktaschen.

 

Informationsblatt UA25

Stand
05/2023

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