Anlageberatung und „Certificates“: Südtiroler Sparkasse zur Erstattung von knapp 250.000 Euro verurteilt

Berufungsgericht bestätigt in richtungsweisendem Urteil 10-jährige Verjährungsfrist bei Schadenersatz für Verluste bei Geldanlagen


2014 hatte sich ein Sparer mit einer Beschwerde in Sachen Geldanlage gegen die Südtiroler Sparkasse die Verbraucherzentrale Südtirol gewandt. Der Sparer hatte, noch im Jahr 2007, über 500.000 Euro in „Zertifikate“* investiert; bei Fälligkeit der Wertpapiere war davon fast die Hälfte verloren gegangen. Der Sparer hat daraufhin, betreut von RA Massimo Cerniglia, Klage auf Schadenersatz eingereicht, mit der Begründung dass die Zertifikate „spekulative“ Geldanlagen seien, seine Risikoneigung jedoch nur „mittel“.

Das Landesgericht Bozen gab 2018 dem Sparer teilweise recht, und erkannte ihm einen Schadenersatz von ca. 120.000 Euro zu, da laut Richter für 5 Zertifikate die „Nicht-Geeignetheit“ nicht ausreichend aufgezeigt worden war. Die restlichen Zertifikate waren nach Meinung des Gerichts nicht spekulativ, und waren daher der Risikoneigung des Sparers angemessen.

Die Sparkasse hat den Schadersatz zwar gezahlt, hat aber gegen das Urteil Berufung eingelegt. Der Sparer hat sich in die Klage eingelassen, und sein Verteidiger verlangte in diesem Zuge die Ausweitung des Urteils auch auf die restlichen Zertifikate, immer aufgrund der Unterschiede zwischen Risiko der Wertpapiere (spekulativ) und Risikoneigung des Anlegers (mittel).

Das Berufungsgericht Bozen, Richterin Dr. Isabella Martin und Richter Dr. Tullio Joppi, haben nunmehr, weniger als 16 Monate nach Einreichung der Berufungsklage, ein Urteil gefällt: nicht nur wurde die Berufungsklage abgewiesen, sondern auch die Anschlussberufung des Sparers angenommen. Gemäß Berufungsurteil sind die Zertifikate – entgegen der von der Bank vorgebrachten und vom Landesgericht teilweise angenommen These - „erheblich risikoreich“, und die Bank muss dem Sparer fast 250.000 Euro, zuzüglich Zinsen und Rechtskosten aller Instanzen, erstatten.

Das Berufungsurteil ist nicht nur deswegen relevant, weil es – soweit bekannt - als erstes in ganz Italien bestätigt, dass die „Zertifikate“ den Risikograd „spekulativ“ haben, sondern auch weil darin bestätigt wird, dass bei Geldanlagen eine 10jährige Verjährungsfrist (ab Eintritt des Verlusts) gilt, und nicht, wie von verschiedenen Instituten mehrfach ins Feld geführt, eine 5-jährige.

 



* Zertifikate sind ein sogenanntes Derivat, also ein Finanzinstrument, das an einen darunterliegenden Wert gekoppelt ist. Diese Finanzinstrumente können die Anleger also den Risiken des darunterliegenden Werts aussetzen, auch einer negativen oder sehr negativen Entwicklung desselben. Im vorliegenden Fall garantierten die Zertifikate keine sichere Rendite, und auch nicht die volle Rückzahlung des investierten Kapitals.

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