Frauen und Männer essen tatsächlich unterschiedlich – das ist durch Studien belegt. Laut der Nationalen Verzehrsstudie aus Deutschland beispielsweise essen Männer mehr Brot, mehr Milch sowie Käse und mit durchschnittlich 160 Gramm täglich doppelt so viel Fleisch, Fleischerzeugnisse und Wurstwaren wie Frauen. Und sie trinken viel mehr Bier. Frauen haben dagegen beim Obstverzehr die Nase vorn. Es gibt mehr als doppelt so viele Vegetarierinnen wie Vegetarier. Beim Einkauf legen Frauen mehr Wert auf gesundheitliche Aspekte, biologische Produktion und Biosiegel als Männer.
Zum Teil hängen die Unterschiede im Essverhalten mit der unterschiedlichen genetischen Ausstattung zusammen. Männer sind im Durchschnitt größer als Frauen, sie haben mehr Muskelmasse und somit einen höheren Energiebedarf, weswegen sie mehr Nahrung benötigen.
Mehr als durch die Gene wird das weibliche bzw. männliche Essverhalten aber offenbar durch gesellschaftliche, soziale und kulturelle Einflüsse bestimmt. Von klein auf sind Mädchen und Buben in und außerhalb der Familie mit gesellschaftlichen Geschlechterzuweisungen und -stereotypen konfrontiert. „In vielen Kulturen der Welt gilt Fleisch als kostbar und steht für Kraft und Männlichkeit“, erläutert Silke Raffeiner, die Ernährungsexpertin der Verbraucherzentrale Südtirol. „Fleisch oder besser gesagt Tiere mussten im Unterschied zu Früchten und Pilzen gejagt werden – und Jäger waren und sind meist Männer.“ Als männlich gilt weiterhin, größere Portionen zu essen, schneller zu kauen und aus der Flasche zu trinken. Als weiblich gilt dagegen, kleinere Portionen zu essen, langsamer zu kauen und am Weinglas zu nippen. Frauen verbringen im Vergleich zu Männern ein Vielfaches an Zeit in der Küche, um die Familie mit Essen und Trinken zu versorgen. Auf den Punkt gebracht: während Männer mit einer Flasche Bier in der Hand im Garten Fleisch grillen, stehen Frauen in der Küche und bereiten Salate zu.
Und obwohl Frauen sich in vielen Ländern der Welt gesundheitsbewusster ernähren als Männer, haben sie aufgrund des herrschenden Schönheitsideals ein viel größeres Risiko, an einer Essstörung wie Anorexie (Magersucht) oder Bulimie (Ess-Brech-Sucht) zu erkranken. Männer dagegen sind häufiger übergewichtig.
Wie schafft Frau bzw. Mann es trotz allem, bestimmte Klischees hinter sich zu lassen? Mit Sicherheit ist es hilfreich, Geschlechterrollen und alte Denkmuster zu hinterfragen. Hilfreich kann auch sein, bewusster und achtsamer zu essen: die eigenen Körpersignale wahrzunehmen und mit Freude das zu essen, was einem schmeckt und gut tut.