Neue Gentechnik: Sind Pflanzen patentierbar?

Die EU-Kommission und das Europäische Parlament streben eine Deregulierung von Pflanzen, Lebens- und Futtermitteln an, die mit Hilfe neuer gentechnischer Verfahren hergestellt werden. In diesem Zusammenhang taucht immer wieder die Frage nach der Patentierbarkeit von NGT-Pflanzen (NGT = New Genomic Techniques, neue gentechnische Verfahren) auf.

„Grundsätzlich können neue Erfindungen im Bereich der Pflanzen patentiert werden“, erläutert Silke Raffeiner, die Ernährungsfachfrau der Verbraucherzentrale Südtirol. „Sowohl das Europäische Patentübereinkommen als auch die EU-Biopatentrichtlinie lassen Patente auf Pflanzen zu, die durch technische Verfahren, einschließlich der gentechnischen Verfahren, mit neuen Eigenschaften ausgestattet werden.“ Zwischen 1995 und 2022 wurden beim Europäischen Patentamt (EPA) rund 8.800 Patente auf gentechnisch veränderte Pflanzen angemeldet und rund 3.100 Patente erteilt.

„Nicht patentierbar sind dagegen Pflanzensorten wie z.B. PinkLady®, sie sind durch das Sortenschutzrecht geschützt“, fährt die Ernährungsexpertin fort. „Auf konventionell gezüchtete Pflanzen, also Pflanzen, die klassisch durch Selektion und Kreuzung gezüchtet werden, erteilt das EPA ebenfalls keine Patente. Auch die Früchte, Samen und anderen Pflanzenteile sowie das Züchtungsverfahren selbst sind nicht patentierbar.“ Dieser Patentausschluss gilt jedoch erst seit dem 1. Juli 2017. Für Patentanmeldungen, die vor diesem Datum eingereicht wurden und noch anhängig sind, können weiterhin Patente auf konventionell gezüchtete Pflanzen erteilt werden. Tatsächlich wurden zwischen 1995 und 2022 etwas mehr als 1.000 Patente auf konventionelle Pflanzen und Pflanzenzüchtungen angemeldet und knapp 100 Patente erteilt, wobei rund 300 Fälle noch anhängig sind.

Mit dem Patent erhält der Patentinhaber ein Nutzungsmonopol und kann andere über einen Zeitraum von 20 Jahren daran hindern, die geschützte Pflanze zu vermehren, zu verwenden und zu verkaufen. Viele Patente betreffen nicht nur die Pflanze und das Saatgut, sondern erstrecken sich auch auf die Ernte (Samen, Früchte, Gemüse) und die daraus hergestellten Lebensmittel. So sind die Brauereien Carlsberg und Heineken im Besitz mehrerer Patente auf konventionell gezüchtete Braugerste: diese Patente erstrecken sich auf die Pflanze, die Gerstenkörner, das Malz, das Brauverfahren sowie alle Getränke, die mit der patentierten Gerste erzeugt werden. Alle Akteure entlang der Wertschöpfungskette müssen um Erlaubnis bitten und Lizenzgebühren bezahlen.

Zwar sieht die Position des Europäischen Parlaments zu NGT-Pflanzen (Stand: 7. Februar 2024) vor, dass „NGT-Pflanzen, Pflanzenmaterial, Teile davon, genetische Informationen und die darin enthaltenen Verfahrensmerkmale nicht patentierbar sind“. Die Realität ist jedoch eine andere. Denn erstens können neue gentechnische Verfahren wie die Genschere CRISPR/Cas laut derzeitiger Rechtslage sehr wohl durch das EPA patentiert werden, ebenso die damit gewonnenen NGT-Pflanzen. Um Letzteres zu verhindern, müsste auf EU-Ebene zunächst die EU-Biopatentrichtlinie entsprechend abgeändert werden. Zweitens müssten diese Änderungen in das Europäische Patentübereinkommen integriert werden, wofür die EU eine Einigung in der Europäischen Patentorganisation (dieser gehören neben den EU-Ländern noch weitere 11 Nicht-EU-Staaten an) erzielen müsste. Und drittens haben die Erfinder und Erfinderinnen der CRISPR-Technologie längst Hunderte von Patenten angemeldet, teilweise wurden diese auch schon erteilt. Weltweit wurden über 20.000 Patentanmeldungen im Zusammenhang mit CRISPR/Cas und Pflanzen eingereicht.

 

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