In Hamburg und anderen deutschen Städten standen Menschen im November 2024 stundenlang Schlange, um in einer der Lindt-Boutiquen eine Tafel der „Lindt Dubai Chocolade“ zu erstehen. Eine Tafel (150 Gramm) kostete 14,99 Euro, für ein Kilogramm ergab das einen exorbitanten Grundpreis von 99,93 Euro. Inzwischen sind die Supermarktketten nachgezogen. Auch in Südtirol war im Dezember 2024 in einigen Verkaufspunkten handgeschöpfte Dubai-Schokolade aus Tirol erhältlich. Der Preis für dieses Produkt lag mit 12,99 Euro pro Tafel (78 Gramm) und einem Grundpreis von 166,54 Euro pro Kilogramm sogar noch höher.
Die so genannte Dubai-Schokolade hat ihren Ursprung 2021 in den Vereinigten Arabischen Emiraten. Das Rezept für die Vollmilchschokolade mit Pistazien-Engelshaar-Sesam-Füllung stammt vom Unternehmen Fix Dessert Chocolatier in Dubai. Neu daran ist die Verwendung von Engelshaar – hauchdünnen, knusprigen Teigfäden (Kadayif) – in einer Schokoladenfüllung, denn diese traditionell arabische Zutat sorgt für eine ganz besondere knusprige Konsistenz. Doch erst im Dezember 2023 wurde Dubai-Schokolade durch eine Influencerin auf der Video- und Social-Media-Plattform TikTok so richtig bekannt und breitete sich dieser neue Trend wie ein Lauffeuer aus.
Verbraucherschutzorganisationen sprechen von einer Massenhysterie, von Marketingtricks der Hersteller und nicht zu rechtfertigenden Preisen. Die Hersteller wenden nämlich das Prinzip der künstlichen Verknappung an: die „exklusive handgefertigte“ Schokolade wird in begrenzter Stückzahl, jede Packung einzeln nummeriert, nur in ausgewählten Filialen zum Verkauf angeboten und ist dementsprechend schnell ausverkauft. Das alles, in Verbindung mit den außerirdischen Verkaufspreisen, erzeugt einen Eindruck von Exklusivität und besonderer Qualität und weckt Begehren.
Der hohe Preis der Dubai-Schokolade wird im Allgemeinen mit der handwerklichen Herstellung, den hochpreisigen Zutaten, insbesondere der Pistaziencreme, und dem „exklusiven“ Genusserlebnis gerechtfertigt. „Der Blick auf die Zutatenliste offenbart jedoch mitunter ein hochverarbeitetes Produkt mit einer langen Liste an Zutaten, darunter künstliche Aromen, Konservierungsmittel, Emulgatoren und teilweise künstliche Farbstoffe, darunter Azo-Farbstoffe, welche laut Warnhinweis die Aktivität und Aufmerksamkeit von Kindern beeinträchtigen können“, spricht Silke Raffeiner, die Ernährungswissenschafterin der Verbraucherzentrale Südtirol (VZS), Klartext.
Die VZS hat im Dezember 2024 die Zutatenlisten der Lindt Dubai Chocolade sowie der handgeschöpften Dubai-Schokolade aus Tirol verglichen. Mittlerweile sind beide Produkte nicht mehr erhältlich. Das ursprüngliche Produkt von Lindt enthielt 21 verschiedene Zutaten, darunter ein Konservierungsmittel, einen Emulgator und künstliches Aroma. Palmöl und künstliche Farbstoffe wurden nicht verwendet. Pistazien als Zutat hatten einen Gewichtsanteil von 9 Prozent, Sesamsamen von 2 Prozent. Die Dubai-Schokolade aus Tirol wurde laut der Zutatenliste in italienischer Sprache aus 26 verschiedenen Zutaten gefertigt, darunter Palmöl, ein Emulgator, ein Konservierungsmittel und sechs verschiedene Farbstoffe, davon zwei künstlichen Ursprungs, einer davon ein Azofarbstoff. Der Pistazienanteil betrug 9,5 Prozent, Sesamsamen waren nicht enthalten. Beide Produkte wiesen weder ein Bio- noch ein Fairtrade-Siegel auf.