„Made in Italy“ steht für Nachhaltigkeit –

doch wie nachhaltig sind unsere Kaufentscheidungen tatsächlich?

VZS-Studie nimmt Verbrauchereinschätzungen unter die Lupe

 

In einer groß angelegten empirischen Studie hat die Verbraucherzentrale Südtirol untersucht, wie relevant Nachhaltigkeit in Verbindung mit der Herkunftsbezeichnung bei der Kaufentscheidung ist. Mehr als 1.600 Teilnehmer aus Italien, Deutschland und den USA haben sich an der dreisprachigen Umfrage beteiligt. Generell zeigen die Ergebnisse, dass Nachhaltigkeit kein erstrangiges Kaufkriterium zu sein scheint. Bei konkreten Kaufentscheidungen stehen bei allen abgefragten Produktgruppen Aspekte wie Preis und Qualität im Vordergrund. Nachhaltigkeit wird nur bei Mode und Lebensmitteln etwas höher eingestuft, bleibt aber insgesamt unwichtig.

Das Herkunftslabel „Made in Italy“ gilt für viele Betriebe in Südtirol als Qualitätszeichen, das sowohl in Italien als auch im internationalen Handel geschätzt wird. Italienische Produkte stehen nämlich weltweit für ansprechendes Design, hohe Qualität, Innovation und guten Geschmack, insbesondere in den vier klassischen Produktkategorien Kleidung/Mode, Einrichtungsgegenstände, Autos und Lebensmittel.

In einer aktuellen Umfrage hat die Verbraucherzentrale Südtirol untersucht, ob Produkte „Made in Italy“ generell mit Nachhaltigkeit in Verbindung gebracht werden und wie wichtig ökologische sowie soziale Faktoren bei Kaufentscheidungen sind. Bei der Datenerhebung und -auswertung wurde die Konsumentenvereinigung von den Experten Thomas Aichner, wissenschaftlicher Leiter der Südtirol Business School, und Michael Nippa, Professor für Management an der Freien Universität Bozen, unterstützt.

„Wir haben uns gefragt, wie stark verschiedene Kaufkriterien Konsumenten beeinflussen, vor allem bei italienischen Produkten. Das Hauptaugenmerk der Studie lag auf ökologischer und sozialer Nachhaltigkeit sowie der Herkunft der Erzeugnisse,“ erklärt Gunde Bauhofer, Geschäftsführerin der Verbraucherzentrale Südtirol. Ökologische Nachhaltigkeit umfasst beispielsweise die Verwendung grüner Technologien und Umweltschutz, während soziale Nachhaltigkeit den Einsatz für Menschenrechte oder die Unterstützung sozialer Aktivitäten beinhaltet.

Im Rahmen einer mehrwöchigen Online-Befragung, die im Oktober 2024 abgeschlossen wurde, haben 778 Italiener, 543 Deutsche und 327 Amerikaner aus allen Altersklassen Fragen zu ihrem Kaufverhalten und der Wahrnehmung italienischer Produkte beantwortet.

Eine wichtige Frage war, welches Herkunftslabel (z.B. „Made in Italy“) am meisten für nachhaltige Herstellung steht. Neben Italien standen auch Deutschland, USA, Japan, Frankreich, China und das Vereinigte Königreich zur Auswahl. Die Antworten zeigen einen starken Nationalpatriotismus in allen Ländern – ein Phänomen, das als „Ethnozentrismus“ bekannt ist. Dabei handelt es sich um die Tendenz, Produkte und Unternehmen aus dem eigenen Land besser einzuschätzen als ausländische Angebote. Tatsächlich landet „Made in Italy“ bei italienischen Respondenten an der ersten Stelle. Das bedeutet, dass nationale Produkte als am nachhaltigsten wahrgenommen werden. Ähnlich bewerten Deutsche und Amerikaner Produkte aus ihrer eigenen Heimat als am nachhaltigsten. Interessanterweise belegt Italien auch in den USA (2. Platz) und Deutschland (2. Platz ex aequo mit Frankreich) hohe Positionen. Im Ausland ist „Made in Italy“ also ebenso ein Synonym für Nachhaltigkeit wie in Italien selbst.

„Hätten wir nicht auch nach der Relevanz von Nachhaltigkeit bei Kaufentscheidungen gefragt, könnte man aus diesen Ergebnissen falsche Schlüsse ziehen,“ so Gunde Bauhofer. „Im ersten Moment denkt man, dass sich durch die positive Einschätzung ein Wettbewerbsvorteil für italienische Unternehmen ergibt. Erst auf den zweiten Blick zeigt sich dann, dass sich Konsumenten relativ wenig für Nachhaltigkeit interessieren, wenn es wirklich darum geht, welches Produkt sie kaufen.“

Die Teilnehmer wurden gebeten, zehn relevante kaufentscheidende Gründe in eine Rangfolge zu bringen: Preis, Qualität, Marke, Design, Kundenbewertungen, Garantie, Sicherheit, Exklusivität, Herkunftsland und Nachhaltigkeit. Zusammenfassend lässt sich feststellen, dass Nachhaltigkeit über alle Produktkategorien hinweg sowohl bei italienischen als auch bei deutschen und amerikanischen Kunden als vergleichsweise weniger wichtig angesehen wird.

Am ehesten fallen ökologische und soziale Faktoren bei Kleidung/Mode ins Gewicht: Hier landet Nachhaltigkeit bei Italienern auf dem 4. Platz von 10 Kriterien, bei Deutschen auf dem 5. und bei Amerikanern auf dem 7. Platz. Bei Lebensmitteln belegt Nachhaltigkeit bei Italienern den 5., bei Deutschen den 4. und bei Amerikanern den 6. Platz. Besonders irrelevant ist das Kriterium hingegen bei Autos (8. Platz in Italien, 9. Platz in den USA und sogar auf dem letzten Platz in Deutschland). Auch bei Möbeln hat Nachhaltigkeit mit Platz 7 (Italien und Deutschland) bzw. Platz 8 (USA) eine untergeordnete Rolle.

Am wichtigsten sind den Konsumenten hingegen Qualität und Preis. Bei Mode und Einrichtungsgegenständen spielt auch das Design eine wesentliche Rolle, während bei Autos und Lebensmittel die Sicherheit den dritten Rang unter allen Kriterien einnimmt. Noch unwichtiger als Nachhaltigkeit sind kategorie- und länderübergreifend nur die Kriterien Exklusivität und Kundenbewertungen.

„Die Ergebnisse bedeuten selbstverständlich nicht, dass Unternehmen nicht nachhaltig handeln sollten,“ betont Gunde Bauhofer. „Allerdings scheint das Kriterium zumindest bewusst relativ wenig Einfluss auf die Kaufentscheidung von Konsumenten zu haben,“ fasst die Direktorin der Verbraucherzentrale Südtirol die Ergebnisse zusammen.

Die Studie wurde vom MIMIT D.M.06.05.2022 art. 5 finanziert.

 

nachhh

 

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