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Mitteilungsblatt der Verbraucherzentrale Südtirol
Beilage zur Ausgabe Nr. 34/41
Die Papierversion des Verbrauchertelegramms wird allen Mitgliedern monatlich kostenlos per Post zugeschickt und steht im PDF-Format zum Download zur Verfügung. Die nachfolgenden Kurznachrichten sind ein Auszug aus der vollständigen Version.
Buy&Share: Regulierungsbehörde straft 6 Online-Firmen für über eine Million Euro
Das Verkaufssystem wurde als irreführend und aggressiv eingestuft
Die Aufsichtsbehörde für Wettbewerb und Markt (AGCM) hat, auch auf Meldung der Beratungsschalter der VZS, eine Strafe von insgesamt mehr als einer Million Euro über 6 online nach dem Schema „buy & share“ tätige Firmen verhängt: Girada S.r.l.s. (girada.com); Zuami S.r.l.s. (zuami.it); Gladiatori Roma s.r.l.s. (bazaza.it und listapro.it); SHOP BUY S.r.l.s. (shopbuy.it); IBALO S.r.l.s (ibalo.it) sowie E CO WORLD (66x100.com).
„Die Firmen haben bei VerbraucherInnen ein Angebot beworben, gemäß welchem die VerbraucherInnen eingeladen wurden, Produkte zu einem äußerst skontierten Preis zu kaufen, wobei dieser Preis sofort zu bezahlen war; die VerbraucherInnen mussten dann aber darauf warten, dass weitere VerbraucherInnen einen solchen Kauf tätigten, um das Produkt erhalten zu können“ schreibt die Regulierungsbehörde.
Das System dieser Webseiten sieht sozusagen einen „bedingten“ Kauf vor: das Produkt erhält man erst dann, wenn weitere zwei VerbraucherInnen das Produkt vormerken und bezahlen, um den vollen Kaufpreis abzudecken. Mit zunehmender Anzahl von Anfragen garantierte das System jedoch nicht die Lieferung an all jene, die sich vorgemerkt hatten, sodass bereits bezahlte Bestellungen in Standby blieben, ohne Möglichkeit, eine Rückerstattung zu verlangen. Ein solches System, so die AGCM „stellt den Verkauf irreführend dar, sodass die VerbraucherInnen eine wirtschaftliche Entscheidung treffen, die sie andernfalls so nicht getroffen hätten: der Käufer, der eine Vormerkung tätigt wird in Bezug auf die Möglichkeit, den Kauf abzuschließen und die Lieferung der vorgemerkten Produkte auch tatsächlich zu erhalten, getäuscht“.
Über die Schlichtungsstelle www.onlineschlichter.it können Streitfälle aus Online-Käufen kostenlos geschlichtet werden.
VZS meldet zweifelhafte Werbebotschaft der Post an Antitrust
Post verpflichtet sich gegenüber VerbraucherInnen und Behörde
Noch im August letzten Jahres hatte die VZS eine Werbebotschaft der Post zu Sparbüchern und Schatzscheinen an die Aufsichtsbehörde für Wettbewerb und Markt (AGCM) gemeldet, da man diese als irreführend vermutete. Die Werbekampagne lief unter dem Titel „Buoni e libretti – Buono a sapersi“ (also in etwa „Schatzscheine und Sparbücher – Gut zu wissen“, wobei das Wortspiel unübersetzbar bleibt), und zielte auf die Bewerbung dieser beiden Geldanlageprodukte. Die vermutete Irreführung betraf einige Passagen der Werbung, darunter „Die Rendite bei Fälligkeit ist garantiert“.
Die VZS lenkte das Augenmerk der AGCM insbesondere auf die letzte Aussage, da diese als nicht wahrheitsgetreu eingestuft wurde. Berücksichtigt man nämlich die steuerlichen Abzüge, denen diese Produkte unterliegen (insbesondere die Stempelsteuer), gibt es in vielen Fällen bei Fälligkeit keine „garantierte Rendite“ - im Gegenteil, in manchen Fällen wird sogar das investierte Kapital von diesen Abzügen angeknabbert.
Nachdem die Antitrust ein Untersuchungsverfahren eingeleitet hatte, hat sich die Post nun vor kurzem verpflichtet, den VerbraucherInnen die versprochenen Bedingungen anzuerkennen, sowie diese davon zu informieren. Die Antitrust hat daher von einer Strafe abgesehen.
„Die Verfügung der Antitrust-Behörde unterstreicht die Wichtigkeit der dauernden Überwachung der Vielzahl von Werbebotschaften durch die Verbraucherschützer. Manche der von Bank- und Finanzvermittlern geschalteten Werbungen sind alles andere als transparent. Bei Geldanlagen ist es unverzichtbar, neben der Werbung auch immer die Vertragsbedingungen gründlich zu studieren“ meint VZS-Geschäftsführer Walther Andreaus abschließend.
Die genauen Details der Verfügung auf www.consumer.bz.it.
Stärkt „probiotischer“ Jogurt wirklich das Immunsystem?
Jahrelang versprach die Werbung, Jogurt mit „probiotischen“ Bakterien würde die Abwehrkräfte stärken und die Darmtätigkeit regulieren. Als „probiotisch“ werden spezielle Bakterienstämme bezeichnet – z.B. Lactobacillus casei Shirota oder Bifidobacterium animalis DN 173 010 –, welche widerstandsfähig gegenüber den Verdauungssäften sind und daher lebend den Dickdarm erreichen. Dort können sie sich im Idealfall ansiedeln und die Darmflora positiv beeinflussen.
Bislang konnten die Hersteller ihre vollmundigen Werbeversprechen jedoch nicht ausreichend beweisen. „Die Europäische Behörde für Lebensmittelsicherheit EFSA hat solche allgemeinen Gesundheitsaussagen in Zusammenhang mit den zugesetzten Bakterienstämmen daher verboten“, erklärt Silke Raffeiner, Ernährungsexpertin der Verbraucherzentrale Südtirol. „Denn seit Ende 2012 dürfen nährwert- und gesundheitsbezogene Angaben in der EU nur mehr dann auf Lebensmitteln verwendet werden, wenn sie wissenschaftlich belegt sind.“
Dennoch gibt es in den Verkaufsregalen nach wie vor Milchprodukte, die angeblich eine positive Wirkung auf das Immunsystem haben. Die Hersteller tricksen, indem sie diesen Produkten neben speziellen Bakterienkulturen auch gezielt die Vitamine D und B6 zusetzen. Für diese Vitamine ist die Aussage „trägt zur normalen Funktion des Immunsystems bei“ nämlich erlaubt.
Für eine ausgewogene Ernährung sind „probiotische“ Milchprodukte nicht notwendig, zudem enthalten sie häufig viel Zucker. Gesundheitlich wertvolle Milchsäurebakterien kann man dem Körper für weniger Geld auch aus herkömmlichem Jogurt zuführen.
Kassationsgericht gibt Autofahrerin mit eingeschränkter Mobilität recht
Gemeinde Bozen muss auch für die Rechtskosten des Verfahrens aufkommen
VZS: allein die Strafe zu annullieren ist nicht ausreichend!
Das Ereignis stammt noch aus dem Jahr 2015 – eine österreichische Autofahrerin mit eingeschränkter Mobilität (sie ist auf einen Rollstuhl angewiesen) fuhr in die verkehrsbeschränkte Zone im Bozner Zentrum ein. Auf dem Armaturenbrett hatte sie, gut sichtbar, den Ausweis für LenkerInnen mit eingeschränkter Mobilität ausgelegt. Die Leuchtschrift auf der Tafel, welche Invaliden dazu auffordert, ihre Durchfahrt über eine eigene Telefon-Nummer bekannt zu geben, übersah sie jedoch. Wenig später flatterte eine Strafe wegen unerlaubten Befahrens einer verkehrsberuhigten Zone ins Haus (81 Euro Strafe plus 15 Euro Zustellungskosten).
Das Anfechten der Strafe zog sich über alle Instanzen bis zum höchsten Gericht durch, wo die Dame endlich Recht erhielt. Weder die Strafe noch die Zustellkosten noch die Gerichtskosten dürfen ihr angelastet werden (Details aller Verfahren auf www.verbraucherzentrale.it).
Jenseits des Einzelfalls stand dabei ein wesentliches Prinzip zur Diskussion: gemäß geltender Normen sind die Straßenbetreiber verpflichtet, die Mobilität von NutzerInnen mit Einschränkung zu fördern. Die Gemeinde Bozen wird laut Einschätzung (VZS) diesem Prinzip hier überhaupt nicht gerecht. Personen, die ohnehin schon benachteiligt sind, noch mit bürokratischen Auflagen zu belasten, ist kein Zeichen für Bürgernähe. Die Strafe dann nicht im Amtsweg auszusetzen, sondern das gesamte Gerichtsverfahren durchzuexerzieren, spricht ebenfalls Bände. Daher der Beschluss, dieses Musterverfahren zu unterstützen. „Bleibt zu hoffen, dass man in der Gemeinde die richtigen Schlüsse aus diesem Urteil zieht, und die nicht nachvollziehbaren Zusatzpflichten für die FahrerInnen mit eingeschränkter Mobilität endlich aufhebt“ meint dazu VZS-Geschäftsführer Walther Andreaus.
Handy: Roaming im Ausland
Warum zahlt Frau R. pro Tag in Österreich 3 Euro, wenn das Roaming doch eigentlich kostenlos sein sollte?
Frau R. schreibt: „Ich bin letzthin mehrmals nach Innsbruck gefahren. Als ich mein Handyguthaben überprüft habe, musste ich feststellen, dass mir bei jeder Fahrt 3 Euro für Dienste im Ausland abgebucht wurden. Ich dachte, das Roaming sei mittlerweile kostenlos? Wie kann so etwas passieren?“
Die Mobilfunk-Betreiber bieten ihren KundInnen „vor-geschnürte“ Auslandspakete zum Preis von ca. 2 bis 6 Euro pro Tag der Nutzung. Diese enthalten, analog zu den sehr verbreiteten Verträgen fürs Inland, eine gewisse Menge von Gesprächsminuten und/oder SMS und/oder Daten. Die Pauschale ist bei der ersten Nutzung des Telefons im Ausland fällig. Die Aktivierung der Pakete wurde durch entsprechende Benachrichtigungen angekündigt, aber das kann, je nachdem, auch schon Jahre zurückliegen und daher in Vergessenheit geraten sein.
Das Problem dabei: anstatt dass einzelne Anrufe, SMS oder kurze Internetverbindungen zum Inlandspreis verrechnet würden, ist gleich die ganze Pauschale geschuldet.
Unser Tipp: über die App, den persönlichen Kundenbereich oder den Kundendienst des Anbieters prüfen, ob auf der eigenen Nummer solche „Auslandspakete“ aktiv sind, und ggf. deaktivieren (lassen).
Frau R. kann versuchen, die angelasteten Pauschalen zu beanstanden – auch wenn in ihrem Fall, wie leider so oft im Telefonie-Bereich, der Aufwand vollkommen unverhältnismäßig zur beanstandeten Summe (12 Euro) ist.
Wegweisendes Urteil des Berufungsgerichts Bozen
Zwei SparerInnen 90+ erhalten in zweiter Instanz Recht
Am 13. April wurde ein wichtiges Urteil des Berufungsgerichts Bozen hinterlegt. Das Gerichtsverfahren sah zwei SparerInnen, über 90 Jahre alt, vertreten von RA Prof. Massimo Cerniglia, im Streit mit der Südtiroler Volksbank. Die SparerInnen hatten im Jahr 2014 die Bank verklagt, um Schadenersatz für 120.000 Euro in Lehmann-Bonds investierte Summen zu erhalten.
Die SparerInnen erklärten, die Bank habe ihnen erlaubt, ihre gesamten Ersparnisse in ein einziges Wertpapier zu investieren, ohne die Anlagen zu diversifizieren, wodurch das Anlagerisiko wesentlich verstärkt wurde. Im Jahr 2017 hatte das Landesgericht Bozen die Klage der SparerInnen negativ beschieden, und sie auch zur Zahlung der Rechtskosten verurteilt.
Die SparerInnen haben jedoch nicht aufgegeben, und Berufung eingelegt. Das Berufungsgericht Bozen hat nunmehr die Bank dazu verurteilt, den SparerInnen und Erben den entstandenen Schaden zu ersetzen. Gleichfalls muss die Bank für die Rechtsspesen beider Instanzen aufkommen.
Das Berufungsgericht folgert insbesondere, dass „gemäß der Regeln der allgemeinen beruflichen Sorgfalt, der Finanzdienstleister in der beschriebenen Situation hätte annehmen müssen – gerade weil keine Angaben zum Ausmaß und zur Verwendung des Vermögens der KundInnen vorlagen – dass die verlangte Geldanlage eine totalitäre sei, und er deswegen hätte abraten müssen. Und demgemäß gilt die Diversifizierung der Anlagen als System der Risikoneutralisierung im Zusammenhang mit allen Geldanlagen für alle AnlegerInnen, auch für jene, die unter Umständen eine nicht konstante Neigung zum Risiko haben“.
Das Urteil zeigt, dass die SparerInnen gut beraten sind, ihre Anliegen auch dann weiter zu verteidigen, wenn in erster Instanz ihre Argumentationen nicht gehört werden, so die die vorgebrachten Gründe eine solide Grundlage haben.
Neue Regeln für den Kauf von im Bau befindlichen Häusern
Seit 16. März 2019 gelten neue Regeln für Kaufvorverträge
Wer einen Kaufvorvertrag für ein Haus, das sich noch im Bau befindet, von einem Bauträger errichtet wird und das noch keine Bewohnbarkeits-Genehmigung hat abschließen möchte, muss sich zwingenderweise an einen Notar wenden (die Verträge müssen nun die Form einer öffentlichen Urkunde oder einer beglaubigten Privatschrift haben).
Das Dekret (GvD 14/2019) legt fest, dass der Vorvertrag auch dann gültig ist, wenn er in Form einer beglaubigten Privaturkunde erstellt wird, wobei die Unterschrift auch von einem österreichischen Notar beglaubigt werden kann (der jedoch keine materielle Überprüfung des Inhalts der Urkunde durchführt).
Wir möchten betonen, dass es sich um eine zwingende Bestimmung handelt und daher der Verstoß gegen diese Norm die Ungültigkeit des Vertrags zur Folge hat.
Außerdem hat der Kodex einige Beschränkungen zu Bürgschaft und Versicherungsgarantie eingeführt, die der Bauträger, wie bereits mit Gesetzesdekret 122/2005 festgelegt, dem zukünftigen Käufer ausstellen muss.
Weitere Neuerungen:
- Die Bürgschaft kann nur von Banken oder Versicherungen ausgestellt werden.
- Die Bürgschaft muss dem vom Justizministerium bereitgestellten Muster entsprechen.
- Neben der Bürgschaft muss der Bauträger zum Zeitpunkt der notariellen Abfassung bei sonstiger Nichtigkeit auch eine Versicherungspolizze mit 10-jähriger Laufzeit aushändigen, die zur Sicherstellung der Entschädigung für eventuelle Material- und direkte Schäden dient, die sich aus dem vollständigen oder teilweisen Einsturz oder schweren Baumängeln ergeben.
- Die Musterpolizze wird vom Ministerium für wirtschaftliche Entwicklung bereitgestellt.
- Die Bürgschaft kann sowohl in Anspruch genommen werden, wenn der Bauträger/Verkäufer in eine Krisensituation gerät, als auch im neuen Fall der nicht erfolgten Aushändigung der Versicherungspolizze für die 10-jährige Garantie bei der notariellen Beurkundung und sofern der Verbraucher vom Vertrag zurücktreten will.
- In den Verträgen müssen die Kenndaten der Bürgschaft und der Versicherungspolizze angeführt werden.