Sind Textilien mit Echtpelz korrekt gekennzeichnet?

Eine Untersuchung der Verbraucherzentrale Südtirol

 

Jacken mit Fellbesatz und Strickmützen mit Fellbommel sind ungebrochen beliebt. Untersuchungen von Tierschutzorganisationen zeigen, dass Kleidungsstücke mit Echtpelz mehrheitlich falsch gekennzeichnet sind. Die Verbraucherzentrale Südtirol hat sich in Bekleidungsgeschäften in Bozen umgesehen.

Viele Menschen lehnen Pelz und die damit verbundene Tötung von Tieren ab. Wenn sie eine Jacke mit Fellbesatz an Kragen oder Kapuze oder eine warme Mütze mit einer Fellbommel kaufen, gehen sie davon aus, dass es sich dabei um synthetischen Pelz aus Polyester oder anderen synthetischen Fasern handelt.
Leider kann man sich darauf nicht immer verlassen. Laut einem Bericht der Fur Free Alliance (FFA – Allianz für Pelzfreiheit), einem internationalen Bündnis von 48 Tierschutzorganisationen, aus dem Jahr 2017 wird die in der EU gesetzlich vorgeschriebene Kennzeichnung von Textilien mit Echtpelz mehrheitlich nicht eingehalten. Insgesamt 68 Prozent der überprüften 667 Artikel mit Echtpelz waren nicht korrekt gekennzeichnet und folglich oft nicht als Echtpelz erkennbar. Nach Ländern aufgeschlüsselt, reichte die Nichteinhaltung von 49 Prozent (Österreich) bis 93 Prozent (Vereinigtes Königreich). Kontrollen in Deutschland bestätigen diesen Befund. Die Organisationen Vier Pfoten und Deutscher Tierschutzbund stellten bei einer gemeinsamen Untersuchung im Herbst 2016 in fünf deutschen Städten fest, dass bei 50 Prozent der Kleidungsstücke mit Echtpelz der vorgeschriebene Hinweis auf dem Etikett fehlte. Bei Artikeln, die weniger als 10 Euro kosteten, fehlte der vorgeschriebene Hinweis sogar in allen Fällen (100 Prozent). Eine weitere Untersuchung im Winter 2018/19 in drei deutschen Städten zeigte, dass nur 22 Prozent der kontrollierten Textilien mit Echtpelz korrekt, 78 Prozent jedoch nicht korrekt oder unvollständig gekennzeichnet waren.
„Verbraucher und Verbraucherinnen können sich also auf die Angaben auf dem Etikett nicht verlassen und oft nicht feststellen, ob es sich um echten oder synthetischen Pelz handelt“, kritisiert Gunde Bauhofer, die Geschäftsführerin der Verbraucherzentrale Südtirol (VZS). „Eine bewusste Kaufentscheidung zu treffen, ist unter diesen Umständen nicht möglich.“

 

„Enthält nichttextile Teile tierischen Ursprungs“

Seit 2012 muss in der EU gemäß der Textilkennzeichnungsverordnung (EU-VO 1007/2011 Artikel 12) jedes Kleidungsstück, das Bestandteile tierischen Ursprungs aufweist, mit dem Hinweis „Enthält nichttextile Teile tierischen Ursprungs“ gekennzeichnet werden. Nicht angegeben werden müssen dagegen die Tierart, von welcher die Materialien stammen, die Herkunft und die Haltungsform. Tierischen Ursprungs sind Materialien wie Fell und Leder, aber auch Daunen, Federn, Knochen, Horn, Perlen und Perlmutt. Kennzeichnungspflichtig sind also die Jacke mit Fellkragen ebenso wie die Jeans mit Lederlabel oder das Hemd mit Knöpfen aus Horn. Die Pflicht zur Kennzeichnung gilt jedoch nur für Textilerzeugnisse, die zu mindestens 80 Prozent aus Textilfasern (z.B. Baumwolle, Wolle, synthetische Fasern) und zu höchstens 20 Prozent aus Teilen tierischen Ursprungs bestehen. Pelzmäntel und Lederjacken beispielsweise, welche zu mehr als 80 Prozent aus Pelz bzw. Leder bestehen, müssen nicht solcherart gekennzeichnet werden. Auch Schuhe, Handtaschen, Schlüsselanhänger, Ohrringe und andere Artikel brauchen nicht auf diese Weise gekennzeichnet zu werden, da sie keine Textilerzeugnisse sind.

 

In Bozen wurden 60 Kleidungsstücke und Accessoires inspiziert

Für die aktuelle Untersuchung hat die Verbraucherzentrale Südtirol Mitte Dezember zehn Verkaufspunkte, überwiegend von großen Textilketten, in Bozen besucht und dabei 60 Kleidungsstücke und Accessoires (Mützen, Handschuhe) inspiziert. Zur Unterscheidung von Echtpelz und Kunstpelz wurde in allen Fällen der sogenannte Scheiteltest angewendet: Beim Auseinanderdrücken (Scheiteln) der Haare bzw. Fasern wird bei echtem Pelz die Tierhaut bzw. das Leder sichtbar, bei synthetischem Pelz dagegen ein Textilgewebe. Anhand des Scheiteltests konnte festgestellt werden, dass bei 59 Artikeln tatsächlich synthetischer Pelz bzw. Plüsch verwendet wurde. Auf den Etiketten finden sich Angaben wie „Futter: 100% Polyester“ oder „Details: Acryl 46%, Modacryl 44%, Polyester 10%“. Unter all den überprüften Artikeln wurde nur ein einziger mit tierischen Bestandteilen identifiziert, nämlich eine Strickmütze mit einer Bommel aus Truthahnfedern. An der Mütze wird außen mit der Bezeichnung „Luxe Pom“ (Luxusbommel) darauf hingewiesen, die Angabe auf dem Etikett lautet auf „100% Feder (Truthahn)“. Damit wird zwar über die Tierart informiert. Die Mütze ist aber trotzdem nicht korrekt gekennzeichnet, da der Wortlaut „Enthält nichttextile Teile tierischen Ursprungs“ fehlt.
Die Untersuchung der Verbraucherzentrale Südtirol ist weder vollständig noch repräsentativ für den gesamten Textilmarkt. Hochpreisige Boutiquen beispielsweise wurden nicht besucht. Trotzdem ist das Ergebnis als positiv einzustufen, denn es zeigt, dass die in Bozen präsenten Textilketten – wohl aufgrund der ablehnenden Haltung der meisten Menschen gegenüber Echtpelz – offenbar ziemlich konsequent auf echten Pelz verzichten.

 

Pelzfreie Mode: das Versprechen der Händler
Manche Textilmarken, Hersteller und Händler haben sich freiwillig dazu verpflichtet, auf die Verwendung von Echtpelzen zu verzichten und ausschließlich pelzfreie Mode anzubieten. Sie sind Mitglied im Netzwerk der Fur Free Retailer (Pelzfreie Einzelhändler), einer Initiative der Fur Free Alliance. Auf der Internetseite https://furfreeretailer.com/ (in englischer Sprache) können Verbraucher und Verbraucherinnen nach bestimmten Marken und Händlern suchen. Von den in Bozen besuchten Textilketten sind fünf Mitglieder im Netzwerk der Pelzfreien Einzelhändler, nämlich H&M, Zara, NKD, OVS und Upim. Alle in deren Verkaufspunkten inspizierten Artikel waren tatsächlich frei von Echtpelz.

 

Wieso Echtpelz höchst problematisch ist
Jedes Jahr werden weltweit rund 100 Millionen Tiere für die Pelzgewinnung getötet. 95 Prozent dieser Tiere werden in Pelzfarmen gehalten, auf engstem Raum und unter qualvollen Bedingungen, mit ähnlichen Problemen für die Tiere und die Umwelt wie in der intensiven Tiermast. Während beispielsweise ein wild lebender Fuchs eine Fläche von 10 km² beansprucht, steht ihm im Käfig nur 1 m² zur Verfügung. Damit das Fell intakt bleibt, werden die Pelztiere mit grausamen Methoden getötet. 5 Prozent der Pelze stammen von Wildtieren. Sie werden mittels Fallen gefangen und verenden meist qualvoll. Als „Kollateralschaden“ sterben zusätzlich mehrere Millionen von Nicht-Ziel-Tieren in solchen Fallen. Für Pelze bestimmter Tierarten, namentlich Hunde-, Katzen- und Robbenfelle, gilt in der EU seit 2008 bzw. 2010 ein Handelsverbot. Trotzdem werden solche Felle nach wie vor illegal importiert, wie Laboranalysen von Fellen zeigen.
Um die Verwesung zu verhindern, werden die Felle gekühlt oder mit umweltbelastenden Salzen behandelt. Bei der Gerbung kommen umweltschädliche Chemikalien zum Einsatz, in Niedriglohnländern gelangen die giftigen Abwässer oft ungeklärt in die Flüsse. Auch die Pelzprodukte selbst weisen oft Rückstände von krebserregenden, hormonwirksamen und allergieauslösenden Chemikalien auf.
Echtfelle bestimmter Tierarten, zum Beispiel jenes des Marderhundes aus chinesischen Pelzfarmen, können heute zum gleichen Preis oder sogar billiger als synthetisches Fell eingekauft werden. Auch am fertigen Kleidungsstück gibt es nicht automatisch einen preislichen Unterschied, so dass auch billige Kleidungsstücke, bei denen Verbraucher und Verbraucherinnen es nicht vermuten würden, oft Teile aus echtem Fell enthalten.
Synthetischer Pelz wird aus synthetischen Fasern wie Polyester oder Acryl und somit ohne Tierleid hergestellt, umweltfreundlich ist er aber nicht, denn die Fasern werden aus Erdöl gewonnen. Zudem geben synthetische Felle Fasern, also Mikroplastik, an die Umgebung ab.

 

So kann man Echtpelz erkennen

 

Echtpelz

Synthetischer Pelz

Fühlprobe
(im Geschäft durchführbar)

Fühlt sich weich und samtig an. Glänzt, da die Härchen spitz enden.

Fühlt sich etwas rau und klebrig an. Wirkt matter, da die Fasern stumpf enden.

Pustetest
(im Geschäft durchführbar)

Die Härchen bewegen sich bereits bei leichtem Pusten.

Die Fasern bewegen sich bei leichtem Pusten kaum.

Längenprobe
(im Geschäft durchführbar)

Die Härchen sind unterschiedlich lang, man sieht die so genannte Unterwolle.

Die Härchen sind meist alle gleich lang.

Scheiteltest
(im Geschäft durchführbar)

Beim Scheiteln der Haare kommt Haut bzw. Leder zum Vorschein.

Beim Scheiteln der Fasern kommt Textilgewebe zum Vorschein.

Nadeltest
(erst nach dem Kauf durchführbar)

Eine Nadel kann die Haut nur schwer durchstechen.

Eine Nadel kann das Gewebe leicht durchstechen.

Feuerprobe
(erst nach dem Kauf durchführbar)

Beim Anzünden einiger Härchen riechen diese nach verbranntem Haar bzw. Horn.

Beim Anzünden einiger Fasern schmelzen diese und riechen nach verbranntem Kunststoff.

 

Die Unterscheidung zwischen Echtpelz und synthetischem Pelz wird aufgrund neuer Verfahren in der Herstellung von synthetischem Pelz immer schwieriger. Auch ist eine ungewöhnliche oder knallige Farbe nicht automatisch ein Hinweis auf synthetischen Pelz, denn auch echte Pelze werden teilweise eingefärbt. Aus diesem Grund fordern Tierschutz- und Verbraucherschutzorganisationen auf EU-Ebene ein Verbot der Pelztierhaltung, den Ausstieg großer Textilketten und Modelabels aus der Verwendung von Echtpelz und eine verpflichtende klare Kennzeichnung aller Pelzprodukte und Produkte mit Pelz, einschließlich Angaben zur Tierart, zur Tierhaltung und zur Herkunft.

Solange diese Forderungen nicht erfüllt sind, rät die Verbraucherzentrale Südtirol dazu, Kleidungsstücken, die möglicherweise Echtpelz enthalten, die rote Karte zu zeigen.

 

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